The state of the Internet
Früher war nicht alles besser und das Internet mitunter ein wirklich garstiger Ort. Andererseits war es frei, auf eine Art und Weise die ich jemandem, der heute 20 ist, gar nicht erklären kann. Ich bin aufgewachsen in einer Zeit, als es zu jedem erdenklichen Thema privat geführte php-Foren mit dazugehörigen euIRC-Chats gab. Als gefühlt jeder einen privaten Blog hatte (und myspace!). Und alles miteinander oder sich selbst kommuniziert hat. Ich hab ein DeviantArt miterlebt, das noch eine richtige Community besessen hat – mag sein dass es in graugrünblau potthässlich war, aber zumindest war es noch nicht so ein glattgebügelter Corporate-scheiß …
Jedenfalls hatte man eine Interaktionsfreiheit die ich heute so nirgends mehr finden kann (außer auf einer privaten Seite wie dieser, man muss nur auf den Part verzichten wo man effektiv mit anderen interagiert … oder vielleicht ein Discord anhängen 🤔), und außer den wirklich nicht rasend schwierig zu befolgenden Benimm-Regeln (Netikette!) gab’s echt nicht viele Grenzen, die einem gesetzt wurden
Heute gehören gefühlt 90% aller Seiten Google, Amazon, Meta, Musk und dem ganzen anderen Bodensatz menschlicher Moral, und die unabhängigen 10% werden wie ihre dereinstigen Vorgänger aufgekauft oder eingeschüchtert/ausgebootet (und dann aufgekauft) – das Internet gehört schon lange nicht mehr uns, es gehört ihnen (und ihren Chatbots); wir sind nur noch Konsumenten.
Es ist vollkommen irrelevant, was du eigentlich machen, zeigen, weitergeben willst. Du kannst es machen, aber wenn es Reichweite haben soll, musst du es so tun wie die Plattform es verlangt. Sonst kannst du es auch gleich gar nicht tun – sehen wird es nämlich niemand.
- Du kannst gern Content Creator auf Youtube sein. Musst ab jetzt halt “unalive” sagen statt “die”, “murder”, “suicide”, weil du sonst demonetarisiert wirst.
- Du kannst gern auf X bleiben. Mittlerweile reicht’s aber leider nicht mehr, einfach nur die hohen Töne nicht mehr hören zu können, du musst schon komplett gehörlos sein – dog whistling ist das, was dort abgeht, schon lange nicht mehr. Eher Grölen durch ein Megafon.
- Du kannst gern auf Meta bleiben. Damit erlaubst du Meta allerdings, deinen Content zum Füttern ihrer AI freizugeben (umsonst, versteht sich), und neuerdings musst du dich auch damit arrangieren dass man jetzt Transpersonen unterstellen darf, psychisch krank zu sein. Alles im Sinne der freien Meinungsäußerung, versteht sich (komisch, dass diese freie Meinungsäußerung, wie sie stets gefordert wird, halt immer nur in die eine Richtung funktioniert. Hm. Ich frage mich, wieso … [das ist sarkastisch gemeint. Ich frag mich nicht: ich weiß genau, wieso. Und du weißt es auch!])
- Was auch immer auf Tiktok los ist. Something something Chinese Propaganda Tool.
Das ist schon kaum zu ertragen wenn man dort “nur” passiv unterwegs ist, um Leuten zu folgen und Content zu sehen. Wenn man aber selber aktiv sein will, ist es eigentlich nur noch zum Kotzen…
Und ja, wenn ich zB sowas wie Fanart poste, möchte ich natürlich, dass es ein paar mehr User sehen als die 15 Leute aus meinem direkten Freundeskreis. Ich möchte auch die Gelegenheit haben die Leute zu finden, die dieses Zeug auch posten, und mit ihnen interagieren können. Ich möchte mit Leuten diskutieren über meine Hobbies und Leidenschaften, ich möchte Wissen vermitteln und von anderen vermittelt bekommen. Ich will deswegen kein fucking Influencer mit 10k Followern werden. Ich will mich auch nicht schlecht deswegen fühlen dass ich das nicht möchte. Ich möchte umgekehrt auch nicht dauernd den Content von den selben zehn Leuten vorgelegt bekommen. Ich möchte mir selbst aussuchen wem ich folge, und ich möchte das auf einer Plattform tun die mir die Freiheit gibt diese Leute nach meinen eigenen Vorgaben zu finden.
Wie soll ich mich auf einer Seite heimisch fühlen können, wenn ich diese Möglichkeiten nicht habe? Wenn ich kämpfen muss, um gesehen zu werden, als unmündiger Konsument behandelt werde, der das Maul aufzureißen und zu fressen hat, was der Algorithmus ihm auftischt, und jederzeit damit rechnen muss, dass sich die Grundregeln des Zusammenlebens ändern, weil das nächste egomanische, viel zu reiche Arschloch wieder eine “tolle Idee” hat?